Beschlussvorschlag:
- Der Stadtrat beschließt die in der Anlage vorgelegte Teilplanung für die Leistungen
der Jugendhilfe nach den §§ 11-14,16 SGB VIII für den Zeitraum 2026-2029 für die
Stadt Halle (Saale). mit folgender Änderung:
Für den Maßnahmevorschlag „Unterstützungsangebot für Familien zur
Prävention von Jugenddelinquenz“ wird der Bedarf auf + 1,5 VZS
(vorher: + 1,0 VZS) festgelegt. Die Seiten 135 und 149 sind entsprechend
anzupassen. - Die Verwaltung wird beauftragt, die in der Teilplanung dargestellten Maßnahmen
umzusetzen. Für einzelne Maßnahmen, die der Konkretisierung bedürfen, sind dem
Stadtrat gesonderte Beschlussvorlagen einzureichen.
gez.
Tom Wolter
Fraktion Volt / MitBürger
Vorsitzender
Eric Eigendorf
SPD-Fraktion
Vorsitzender
Melanie Ranft
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Vorsitzende
Andreas Silbersack
Fraktion FDP/FREIE WÄHLER
Vorsitzender
Katja Müller
Fraktion Die Linke
Vorsitzende
Begründung:
Zur Maßnahme „Unterstützungsangebot für Familien zur Prävention von Jugenddelinquenz“
heißt es in der vorliegenden Planung (S. 134) unter anderem:
„In Anbetracht der bis 2023 signifikant gestiegenen Anzahl von Straftaten
Jungtatverdächtiger in der Stadt Halle (Saale) sind insbesondere im Jahr 2024 mehrere
Angebote und Projekte der präventiven Jugendhilfe umgesetzt worden. Die direkte Arbeit mit
den Herkunftsfamilien als wesentliche Sozialisationsorte junger Menschen war in keinem der
Projekte Schwerpunkt. Frühe Interventionen sind erfolgsversprechend, wenn sie im
familiären System ansetzen und dabei die soziokulturellen Hintergründe in der Familie
berücksichtigen.“
Diese frühzeitige, intensive und auf die Stärkung der familiären Handlungsfähigkeit
(Empowerment) ausgerichtete Intervention stellt eine der erfolgversprechendsten Strategien
im Umgang mit Jugenddelinquenz dar, da sie frühzeitig und nachhaltig das Abdriften junger
Menschen strukturell verhindert. Mit ihrer kultursensiblen Ausrichtung und muttersprachlich
ausgebildeten Fachkräften schließt die Maßnahme eine wichtige Angebotslücke. Nachhaltige
Präventionserfolge sind deutlich wahrscheinlicher, wenn auch Eltern mit eingeschränkten
Deutschkenntnissen angesprochen und migrationsspezifische Belastungsfaktoren
berücksichtigt werden. Der große Erfolg der Maßnahme und die überaus positive Resonanz
im Jahr 2024, unter anderem auch aus dem Allgemeinen Sozialen Dienst und der
Jugendgerichtshilfe, unterstreichen den Bedarf.
Die Mitte 2024 gestartete innovative Maßnahme hatte einen Umfang von 60 Wochenstunden
beziehungsweise 1,5 Vollzeitäquivalenten. Im Zuge der Beschlussfassung über die
Förderung sonstiger Maßnahmen der Jugendhilfe1
für das Jahr 2025 wurde der Umfang auf
Vorschlag der Verwaltung auf 40 Wochenstunden beziehungsweise ein Vollzeitäquivalent
reduziert. Diese Kürzung soll mit der nun vorliegenden Jugendhilfeplanung auf Dauer gestellt
werden. Eine Begründung für diese Kürzung findet sich weder in der damaligen noch in der
aktuellen Beschlussvorlage. Die Projektverantwortlichen warnten jedoch vor erheblichen
Einschränkungen ihrer Arbeit durch die Kürzung. Nimmt man die oben genannten
Rückmeldungen zum Projekt, die Bedarfsanalyse der vorliegenden Planung (vgl. u.a. S. 93f.)
und die Einschätzung der Projektverantwortlichen zusammen, so ist davon auszugehen,
dass die Kürzung zu einer Bedarfsunterdeckung führen würde.
Wir sind davon überzeugt, dass eine dauerhafte Vermeidung und Bearbeitung von
Jugendgewalt nur im Rahmen einer nachhaltigen Präventionsarbeit gelingen kann.
Jugendgewalt war schon immer ein wellenförmiges Phänomen. Die im Jahr 2024 erreichte
Reduzierung der strafrechtlich relevanten Vorfälle von Jugendgewalt darf daher nicht dazu
führen, dass erfolgreiche Maßnahmen nun wieder zurückgefahren werden. Denn die
Belastungsfaktoren, die in den letzten Jahren zu einer Welle von Jugendgewaltvorfällen
geführt haben, sind nicht verschwunden und in migrantischen Familien noch prävalenter als
in anderen Familien. Prävention ist per definitionem nur dann wirksam, wenn sie
kontinuierlich an den Auswirkungen dieser Belastungsfaktoren ansetzt und nicht nur auf
Zyklen erhöhter Aufmerksamkeit und/oder Problemschwere reagiert. Ziel der Jugendhilfe in
Halle sollte es daher sein, die hier beschriebene Maßnahme in ihrem ursprünglichen Umfang
zu verstetigen.