Stadtrats-Telegramm 09 und 10/2020 (November/Dezember)

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,

die Stadtratssitzungen im November und Dezember liegen aufgrund des Sitzungstermins im Dezember immer sehr dicht beieinander. Daher erreicht Euch mit diesem Stadtratstelegramm ein Doppelpack, in dem Ihr unsere Sicht auf die beiden Sitzungen nachlesen könnt

Wir wünschen Euch besinnliche Festtage im Kreis Eurer Lieben und einen guten Start ins neue Jahr,
Eure Stadtratsfraktion

November: Stadtratssitzung erneut in der Händelhalle

Erneut findet die Stadtratssitzung in der Händelhalle statt. Nachdem zunächst eine Verkürzung auf 3 Stunden im Raum stand, einigten sich die Fraktionsvorsitzenden mit dem Oberbürgermeister schließlich auf eine Teilung der Sitzung in zweistündige Sitzungsblöcke, die jeweils von einer halben Stunde unterbrochen wurden, in denen die Halle durchgelüftet wurde. Gleich zu Beginn der Sitzung gab der OB bekannt, dass er es seiner Verwaltung freistelle, nach den ursprünglich geplanten drei Stunden die Sitzung zu verlassen. Bis auf die Beigeordneten nutzten alle anwesenden Verwaltungsmitarbeiter*innen dieses Angebot, so dass nach etwas mehr als 4 Stunden die meisten von ihnen die Händelhalle verließen. Insbesondere das Team Ratsangelegenheiten stand dem Stadtrat nicht mehr zur Verfügung, weshalb Protokollierungen und Auszählungen durch die Stadträt*innen selbst durchgeführt werden mussten.

Tagesordnung (November)

Wichtige Themen der Sitzung aus unserer Sicht waren:

  1. Grundsatzbeschluss zur Umsetzung der prioritären Investitionsvorhaben in der Stadt Halle im Rahmen des Strukturwandelprozesses (VII/2020/01894)
  2. Konzeption für eine weitestgehend autofreie Altstadt Halle (Saale) (VII/2020/01754)
  3. Antrag der Fraktion DIE LINKE im Stadtrat Halle (Saale) zur Beantragung von Städtebaufördermittel für die Scheibe C (VII/2020/01818)

Grundsatzbeschluss zur Umsetzung der prioritären Investitionsvorhaben in der Stadt Halle im Rahmen des Strukturwandelprozesses

Der Bund und die Bundesländer haben sich darauf geeinigt, die vom Kohleausstieg besonders betroffenen Regionen mit rund 40 Mio. EUR bei der Bewältigung des Strukturwandels zu unterstützen. Auch die Stadt Halle als Teil des Mitteldeutschen Reviers hat nun die Möglichkeit, Projekte zu beantragen. Dies geschieht – so der Oberbürgermeister – in Absprache mit allen anderen beteiligten Landkreisen in Sachsen-Anhalt.

Gegenstand der Beschlussvorlage ist eine Prioritätenliste, die diejenigen Projekte enthält, mit denen sich die Stadt um die Strukturwandelmittel bewirbt. Hier stehen laut Beschlussvorlage die Wiederbelebung des Geländes des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes (RAW), die Entwicklung eines neuen Gewerbe- und Industrieparks (Star Park 2) und der Neubau eines Business Development Centers für Digital Life Science und Smart Materials am Weinbergcampus auf der Liste.

Ein Projekt, das lange im Zusammenhang mit der Förderung durch Strukturwandelfördergelder benannt wurde, ist der Campus Halle-Neustadt. Die Idee dazu entstand im Rahmen des Wettbewerbs Zukunftsstadt. Da die Stadt hier leider vorzeitig ausgeschieden ist, suchte man nach neuen Geldquellen, dieses Projekt umzusetzen. In der von der Stadtverwaltung vorgelegten Liste, tauchte der Campus nun – jenseits einiger sehr schwammiger Formulierungen in der Antragsbegründung – nicht mehr auf. Deshalb stellte unsere Fraktion einen Änderungsantrag, der in der Abstimmung eine Mehrheit bekam. Mit einem weiteren Änderungsantrag forderte ein CDU-Stadtrat, die Nutzung des ehemaligen Orgacid-Geländes in Ammendorf als ein neues Gewerbegebiet zu prüfen. Diesem Vorschlag folgten wir und der Stadtrat mit großer Mehrheit.

Konzeption für eine weitestgehend autofreie Altstadt Halle (Saale)

Bereits in der Einwohnerfragestunde meldeten sich zahlreiche Bürger*innen zu diesem Thema zu Wort. Dabei war viel Kritik, aber auch Unterstützung für dieses Projekt zu vernehmen. In der recht langen Diskussion wurden einmal mehr die bekannten Fronten bei diesem Thema sichtbar: vor allem CDU, FDP und natürlich die AfD lehnen das Konzept ab. Alle anderen Fraktionen stehen der Idee grundsätzlich positiv gegenüber.

In der Debatte wurde von den Kritiker*innen vor allem der drohende Tod der Innenstadt und der Verlust von Einzelhandel und Handwerk heraufbeschworen. Dabei wurde ständig Innenstadt mit Altstadt gleichgesetzt – dabei bezieht sich das vorliegende Konzept nur auf die Altstadt. Die ist nur ein Teil der viel größeren Innenstadt, der schon jetzt stark von Fußgängerzonen und autofreien Bereichen geprägt ist. Das Konzept führt diese Entwicklung folgerichtig weiter, indem weitere Gebiete in Fußgängerzonen umgewandelt werden und der ruhende Verkehr aus der Altstadt heraus verlagert wird. Unsere grüne Fraktion begrüßt dieses Konzept ausdrücklich. Natürlich hätten wir uns an vielen Stellen MEHR gewünscht, aber die Zustimmung zum Konzept ist für uns ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Einige Punkte des Änderungsantrages der SPD-Fraktion (laufende Berichterstattung zur Umsetzung im Planungsausschuss, Anpassung des Verkehrsleitsystems und Überarbeitung der Ablösepflichten für Neubauten) fanden am Ende mehrheitliche Zustimmung und abschließend der so geänderte Beschlussvorschlag auch. Allerdings war das Abstimmungsergebnis knapp (28 Ja- gegen 21-Nein-Stimmen).

Antrag der Fraktion DIE LINKE im Stadtrat Halle (Saale) zur Beantragung von Städtebaufördermittel für die Scheibe C

Eine sehr lange Diskussion gab es zu einem Antrag der Fraktion DIE LINKE. Hier ging es um die Sanierung der Scheibe C in Halle-Neustadt. Diese wurde vor einiger Zeit von einem Investor gekauft und wird derzeit saniert. Geplant ist eine Nutzung als Wohngebäude für Studierende und Haushalte mit wenigen Personen, denn die Wohnungen sind insgesamt eher klein. Die Stadt hat für das Vorhaben Städtebaufördermittel beantragt.

Nun hat der Investor festgestellt, dass das von ihm vorgesehene Sanierungsverfahren mit Statik des Gebäudes nicht kompatibel ist. Deshalb sind weitere bauliche Maßnahmen erforderlich und die kosten natürlich zusätzliches Geld. Der Investor erwartet nun, dass die Stadt weitere Fördermittel für dieses Projekt beantragt. Weil die Stadt hier allerdings die Gefahr sieht, dass bei der hier in Frage stehenden Summe von mehreren Millionen Euro, andere förderwürdige Projekte keine Bewilligung erhalten, weil die Fördertöpfe nun einmal nicht unendlich groß sind, haben wir und auch eine Mehrheit im Stadtrat diesen Antrag abgelehnt.

Nach rund 6 Stunden wurde der öffentliche Teil der Stadtratssitzung gegen 20 Uhr abgebrochen – nicht öffentlich wurde dann noch bis 21 Uhr beraten. Erneut blieben einige öffentlich zu beratende Beschlüsse unbehandelt und auch mündliche Fragen konnten nicht gestellt werden. Der nächste Stadtrat tritt am 16.12.2020 zusammen. Wie immer habt Ihr die Möglichkeit, die Sitzung auf YouTube nachzuverfolgen und die Tagesordnung inklusive der einzelnen Beschlussvorlagen im Ratsinformationssystem nachlesen.

Dezember: Kurz und knapp in der Händelhalle

Da sich die Pandemielage trotz des sogenannten Lockdown light bisher nicht entspannt hat, traten zum 16.12.2020 verschärfende Maßnahmen in Kraft. Vor deren Hintergrund sollte auch die geplante Stadtratssitzung deutlich verkürzt werden. Fraktionen und Oberbürgermeister einigten sich daher auch eine kurze Tagesordnung, deren Schwerpunkte der Haushalt und einige dringliche Beschlüsse sein sollten. Vorgesehen war, die Sitzungsdauer auf ungefähr eine Stunde zu begrenzen und auch die obligatorische Einwohnerfragestunde wurde auf 10 Minuten verkürzt.

Tagesordnung (Dezember)

Wichtige Tagesordnungspunkte aus unserer Sicht waren:

  1. Änderung der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Stadt Halle (Saale) und seine Ausschüsse (VII/2020/02081)
  2. Haushaltssatzung, Haushaltsplanung für das Haushaltsjahr 2021 sowie den Beteiligungsbericht 2019 (VII/2020/01730)
  3. Grundsatzbeschluss zum Nutzungskonzept für das Stadtbad Halle (Saale) und zur Finanzierung der Generalsanierung (VII/2020/01528)

Änderung der Geschäftsordnung des Stadtrates

Der Landtag von Sachsen-Anhalt machte mit einer Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes nun auch Sitzungen kommunaler Gremien in Form einer Videokonferenz möglich. Den neuen Rechtsrahmen nutzend, hat die Stadtverwaltung einen Vorschlag für eine entsprechende Änderung der Geschäftsordnung des Stadtrates entworfen und diesen zur Beschlussfassung vorgelegt.

Auch wenn es zum jetzigen Zeitpunkt noch einige ganz praktische Fragen dazu gibt, wie eine solche Sitzung aussehen und vor allem funktionieren kann, hat der Stadtrat mit Mehrheit dem Vorschlag zugestimmt. Wir alle sind gespannt, wann und wie die ersten Sitzungen als Videokonferenz stattfinden werden. Aktuell sind die Ausschusssitzungen, die ursprünglich für die erste Januarhälfte angesetzt waren, vorerst abgesagt.

Haushalt 2021

Alle Jahre wieder legt die Stadtverwaltung im Herbst dem Stadtrat einen Entwurf für den Haushalt des Folgejahres vor. Auch alle Jahre wieder wird es den Stadträt*innen nicht gerade leichtgemacht, diesen Berg an Zahlen zu durchdringen. Viele Fragen wurden in den vorberatenden Ausschusssitzungen gestellt und leider nicht immer zufriedenstellend beantwortet.

Im Fortgang der Sitzungen entwickelten wir als Fraktion einige Änderungsvorschläge:

  1. 247.000 EUR für die Pflanzung von Bäumen als Ausgleich für die massiven Dürreschäden der letzten Jahre
  2. Schaffung von 3 weiteren Stellen im Bereich Erziehungsberatung
  3. 30.000 EUR für das Förderprogramm „Begrünung und Entsieglung“
  4. 10.000 EUR für das Projekt „Pilotprojekt Lastenfahrräder/City Logistik“
  5. 10.000 EUR als Budget für Aufwandsentschädigungen von Mitgliedern in ehrenamtlichen Beiräten

Nach intensiven Gesprächen mit den Fraktionen der DIE LINKE, SPD und MitBürger & Die PARTEI entstand ein gemeinsamer Änderungsantrag, in dem all die oben genannten Ideen enthalten sind (VII/2020/02098). Dieser fand dann auch eine abschließende Mehrheit im Stadtrat. Der nun beschlossene Haushalt wird jetzt von der Kommunalaufsicht bewertet und hoffentlich bewilligt. Mehr dazu erfahren wir aller Voraussicht nach im Januar.

Nutzungskonzept Stadtbad

Die Planungen für die Sanierung des Stadtbades schreiten voran. Im Zuge der zahlreichen Beschlüsse, die hierzu zu fassen sind, stand auch ein Grundsatzbeschluss für ein Nutzungskonzept auf der Tagesordnung des Stadtrates. Bereits in den Vorberatungen der zuständigen Ausschüsse ergaben sich einige Änderungswünsche der Fraktionen. Kernpunkte waren unter anderem die stärkere Einbeziehung des Fördervereins sowie die Festschreibung der Nutzung der Räumlichkeiten vor allem für gesundheitsnahe Dienstleistungen. Hier wurde ein Konflikt mit den Interessen der Stadtwerke deutlich, die in erster Linie die finanzielle Absicherung der Investitionen erreichen wollte, weshalb keine bestimmte Nutzung von vorneherein ausgeschlossen werden sollte. Nach intensiven Gesprächen mit Fraktionen, Stadtwerken und Förderverein entstand ein Kompromiss in Form eines Änderungsantrags (VII/2020/02001), der auch in der abschließenden Beratung im Stadtrat eine Mehrheit fand.

Die Sitzung endete bereits nach gut eineinhalb Stunden. Der öffentliche Teil ist wie immer online nachzuverfolgen und die dazugehörige Tagesordnung im Ratsinformationssystem nachlesbar. Die nächste Sitzung ist für den 28.01.2021 angesetzt. Je nach der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie könnte es die erste Ratssitzung als Videokonferenz werden.


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