Stadtrats-Telegramm 07/2020

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,

Am 30.09.2020 versammelten sich Halles Stadträt*innen zu ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause. Versammlungsort war diesmal die Händelhalle, ein Ort, an dem es normalerweise Musik, Tanz und anderes zu bestaunen gibt. Grund für den zeitweisen Umzug in Halles große Konzerthalle ist die andauernde Coronavirus-Pandemie. Der Festsaal, in dem die Stadtratssitzung normalerweise stattfinden, ist zu klein, um die erforderlichen Abstände einzuhalten.

Tagesordnung

Wichtige Themen der Sitzung aus unserer Sicht waren:

  • Pilotprojekt Blühflächen/Blühstreifen im Umfeld von Sportanlagen (VII/2020/01360)
  • Barrierefreiheit in der Gremienarbeit (VII/2020/01452)
  • Versammlungen auf dem Marktplatz der Stadt Halle (Saale) (VII/2020/01715)
  • Namensvergabe für öffentliche Einrichtungen, Bauwerke und Straßen (VII/2019/00754)
  • Aufhebung der Erhaltungssatzung Gartenstadt Gesundbrunnen (VII/2020/01577)
  • 3. Fortschreibung der Spielflächenkonzeption (VII/2020/01026)

Darüber hinaus gab es auch einige interessante Antworten auf Anfragen der Fraktion.

Pilotprojekt Blühflächen/Blühstreifen im Umfeld von Sportanlagen

Nachdem der Beschluss zur Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes aus unserer Sicht viel zu wenig konkrete und messbare Maßnahmen enthielt, haben wir als Fraktion angekündigt, in jeder Stadtratssitzung einen Vorschlag zu unterbreiten, wie man anhand eines konkreten Vorhabens etwas für den Klimaschutz zu tun. Da passte es ganz gut, dass der Stadtsportbund mit einer ziemlich guten Idee auf uns zukam: auf einer Randfläche eines städtischen Sportgeländes sollte im Rahmen eines Pilotprojektes eine Blühwiese entstehen. Bereits im Juli sollte unser Antrag in den Fachausschüssen vorberaten und im Stadtrat beschlossen werden, doch er wurde zunächst vertagt und damit auf den September verschoben. Überrascht hat uns dann die Diskussion im Sportausschuss im September: da war dann von Kritiker*innen unseres Antrags zu hören, dass man mit einer solchen Blühwiese neue Gefahren für die Sportler*innen heraufbeschwöre, die auf den betreffenden Anlagen trainieren. Allergien und Insektenstiche würden den Aufenthalt dort zur Gefahr machen. Verblüfft rieben sich unsere Stadträt*innen die Augen. Letztlich überzeugten solche absurden Argumente die Mehrheit in den Ausschüssen und im Stadtrat nicht. Die Blühwiese kommt und wir hoffen, dass es dann auch mehr davon auf Sportanlagen im ganzen Stadtgebiet geben wird.

Barrierefreiheit in der Gremienarbeit

Dieser Antrag sollte die Möglichkeit der Bereitstellung von Gebärdendolmetscher*innen in den Sitzungen von Ausschüssen und Beiräten überprüfen. Die Verwaltung teilte in ihrer Stellungnahme dazu mit, dass dies jederzeit möglich und auch über das entsprechende Landesgesetz gewährleistet ist. Wir haben den Antrag daher als erledigt erklärt. Bei Bedarf kann also in Zukunft zu allen Sitzungen, an denen Menschen mit Einschränkungen als Mitglieder teilnehmen oder zu denen sie offiziell geladen sind, ein*e Gebärdendolmetscher*in hinzugezogen werden.

Versammlungen auf dem Marktplatz der Stadt Halle

Zurzeit drangsaliert ein bekannter Rechtsextremist regelmäßig die Menschen, die sich auf dem Markt aufhalten, mit seinen hasserfüllten und hetzenden Parolen. Das ist leider nicht nur inhaltlich, sondern auch akustisch eine echte Zumutung, die wir selbst regelmäßig während unserer Fraktionssitzung erleben dürfen. Diese Kundgebungen sind grundsätzlich durch die Versammlungsfreiheit geschützt und ja, das muss eine Demokratie auch hin und wieder einmal aushalten.

Mit einer Beschlussvorlage holt sich der Oberbürgermeister nun das Einverständnis des Stadtrates, alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten zu prüfen, diese Kundgebungen wenigstens an einen anderen Ort zu verlegen. Dieses Anliegen unterstützt unsere Fraktion.

Die CDU-Fraktion wollte mit einem eigenen Änderungsantrag noch eine Kritik an den Äußerungen des Oberbürgermeisters gegenüber der Versammlungsbehörde in die Beschlussvorlage einfügen, scheiterte damit allerdings an einer Mehrheit im Stadtrat. Die unveränderte Vorlage fand bei Gegenstimmen der AfD-Fraktion dann ebenfalls eine Mehrheit.

Namensvergabe für öffentliche Einrichtungen, Bauwerke und Straßen

Im September 2019 wurde die Verwaltung beauftragt, eine verbindliche Verfahrensweise bei der Vergabe von Namen der Öffentlichkeit gewidmeter Einrichtungen und Bauwerke zu erarbeiten und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Diesem Auftrag kam die Stadtverwaltung im Juni 2020 nach. Für uns gab es an einigen Stellen dieser Verfahrensweise Änderungsbedarf und nach Rücksprache mit anderen Fraktionen wurde ein umfassender Änderungsantrag dazu entwickelt und gemeinsam mit den Fraktionen DIE LINKE, SPD und MitBürger & Die PARTEI eingereicht.

Kernpunkte darin sind: auch die Vergabe von Straßennamen wird über diese Verfahrensweise geregelt. Namen von Schulen werden auch weiterhin von der Gesamtkonferenz der jeweiligen Bildungseinrichtung bestimmt. Bei Kindertagestätten ist der Betriebsausschuss des Eigenbetriebs Kindertagesstätten einzubeziehen. Die Ehrung soll nur für bereits verstorbene Personen erfolgen können.

Zentrales Thema der Diskussionen in den Ausschüssen und auch im Stadtrat ist die gleichrangige Verwendung von weiblichen, männlichen und diversen Personen. Unser Änderungsantrag schlug hier vor, solang weibliche und diverse Personen zu bevorzugen, bis das Verhältnis zu männlichen Benennungen ausgeglichen ist. Aktuell sind von rund 300 mit Personen benannten Straßen und Plätzen rund 270 nach Männern benannt. In der Abstimmung im Stadtrat fand unsere Änderung hierzu eine sehr knappe Mehrheit (Ja: 25, Nein: 24). Vor allem CDU und AfD lehnten diesen Vorschlag ab, aber auch die Fraktion von Hauptsache Halle stimmte dagegen.

Aufhebung der Erhaltungssatzung Gartenstadt Gesundbrunnen

Um den städtebaulichen Charakter von Siedlungsgebieten innerhalb einer Stadt zu erhalten, kann eine sogenannte Erhaltungssatzung erlassen werden. Dies ist bereits vor langer Zeit für die Gartenstadt am Gesundbrunnen geschehen. Nun wandten sich bereits zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Jahren Bürger*innen an den Oberbürgermeister und forderten die Aufhebung dieser Satzung, weil sie verhindere, dass die Eigentümer*innen der Häuser sich eigene Parkplätze auf ihren Grundstücken errichten können. Daraus machte der OB eine Beschlussvorlage.

Interessant an diesem Vorgang ist, dass die zuständige Verwaltung berechtigte Zweifel äußerte, ob denn auf diesem Weg auch tatsächlich mehr Parkplätze geschaffen werden könnten. Die Enge der Straßen und auch die sehr kleinen Vorgärten, die im Zweifel zu Stellplätzen umgebaut werden, stünden dem entgegen. Eine Aufhebung bringt tatsächlich an diesem Punkt keinerlei Verbesserungen. Gleichzeitig droht dann jedoch der Verlust des städtebaulichen Charakters des gesamten Viertels und dies galt es zu verhindern.

In der abschließenden Beratung im Stadtrat erfuhr die Beschlussvorlage dann eine mehrheitliche Ablehnung. Wir sind gespannt, wie die Stadtverwaltung nun mit ungenehmigten Umbauten umgeht und wann hier die ersten Rückbauten angeordnet werden.

3. Fortschreibung der Spielflächenkonzeption

Auf der Tagesordnung stand auch die inzwischen 3. Fortschreibung der Spielflächenkonzeption. Bereits während der Ausschussberatungen brachten einige Fraktionen Änderungsanträge ein, die weitere Spielplätze in das Konzept einfügen sollten.

Wir haben uns als Fraktion hier bewusst zurückgehalten. Die Beschlussvorlage der Verwaltung macht einmal mehr deutlich, unter welchem starken finanziellen Druck die Kommune hier steht. Neue Spielplätze lassen sich fast ausschließlich nur mit Fördermitteln finanzieren und für die Instandhaltung der bestehenden gibt es kaum Geld. Deshalb haben wir den Änderungsanträgen zugestimmt, wohlwissend, dass eine Umsetzung in weiter Ferne liegt.

Nach rund 6 Stunden endete der öffentliche Teil der Stadtratssitzung gegen 20 Uhr. Es folgten noch weitere 75 Minuten in nichtöffentlicher Sitzung. Der nächste Stadtrat tritt Ende Oktober zusammen. Wie immer habt Ihr die Möglichkeit, die Sitzung auf YouTube nachzuverfolgen (hier geht es zum Mitschnitt) und die Tagesordnung inklusive der einzelnen Beschlussvorlagen im Ratsinformationssystem nachlesen (http://buergerinfo.halle.de/to0040.asp?smcred=4&__ksinr=16712).


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