Gemeinsamer Antrag mit SPD-Fraktion sowie der Fraktion DIE LINKE/Die PARTEI zur sozialen Wohnraumversorgung in der halleschen Innenstadt

Beschlussvorschlag:

  1. Der Oberbürgermeister als Vertreter der Stadt Halle (Saale) in der Gesellschafterversammlung der Halleschen Wohnungsgesellschaft mbH (HWG) wird beauftragt, den Geschäftsführer anzuweisen, ein Konzept zur sozialen Wohnraumversorgung in der halleschen Innenstadt zu erarbeiten.
  2. Das Konzept ist unter Berücksichtigung folgender Eckpunkte zu erstellen:
    1. Personengruppen mit Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein nach Wohnraumfördergesetz sowie Bezieher von KdU erhalten durch den Einsatz von subjektbezogenen, flexiblen Mietpreis- und Belegungsbindungen die Möglichkeit, Wohnungen in Beständen der HWG in den Stadtteilen „Altstadt“, „Nördliche Innenstadt“, „Südliche Innenstadt“ und „Paulusviertel“ anzumieten.
    2. Zur Finanzierung ist durch die HWG ein Sozialfonds einzurichten, der einen angemessenen Umfang von vergünstigtem Wohnraum gewährleistet. Im ersten Jahr sind hierfür zunächst 100.000 Euro einzustellen.
    3. Auf Basis der durch den Sozialfonds verfügbaren Mittel erarbeitet die HWG eine Zielgröße für einen stabilen Bestand von Wohnungen mit flexibler Mietpreis- und Belegungsbindung in den oben genannten Stadtvierteln.
    4. Für die im Rahmen des Konzepts belegungsgebundenen Wohnungen wird der Mietpreis pro qm auf eine Brutto-Kaltmiete abgesenkt, die sich z. B. am durch die Stadt bewilligten KdU-Richtwert orientiert. Für den Bindungszeit-raum verzichtet die HWG auf Mieterhöhungen und begrenzt sie nach dessen Ablauf in einer festzulegenden Übergangsfrist.
    5. Die individuelle Notwendigkeit der Mietpreis- und Belegungsbindung ist nach einem festzulegenden Intervall zu prüfen und Berechtigungen sind gegebe-nenfalls fortzuschreiben oder aufzuheben.
    6. Die HWG erarbeitet gemeinsam mit der Stadtverwaltung eine koordinierte Vorgehensweise, auf deren Basis eine zielgruppengerechte Information und Vermittlung von Wohnungen an berechtigte Personen stattfinden kann.
    7. Die Wirkung des Gesamtkonzeptes ist jährlich zu evaluieren.
  3. Das erarbeitete Konzept ist dem Stadtrat bis zur Sitzung am 16.12.2015 vorzulegen und vor seiner Umsetzung erneut durch die Gesellschafterversammlung zu beschließen.

Johannes Krause
Vorsitzender SPD-Fraktion

Dr. Inés Brock
Vorsitzende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Dr. Bodo Meerheim
Vorsitzender Fraktion DIE LINKE/Die PARTEI

Begründung:

Die hallesche Innenstadt erlebt erfreuliche Prozesse der Aufwertung und verstärkten Nachfrage von Wohnraum. Gleichzeitig führt die Sanierung von Beständen des kommunalen Wohnungsunternehmens HWG sowie der Rückgang des Bestands an belegungsgebundenen Wohnungen dazu, dass Haushalte mit niedrigem Einkommen immer weniger preiswerten Wohnraum in der Innenstadt vorfinden, der verfügbar und zugleich für sie bezahlbar ist. Bei fortschreitender Sanierung der Wohnungsbestände in der Innenstadt ist absehbar, dass sich die Verfügbarkeit preiswerten Wohnraums weiter verschlechtern wird. Um der sozialen Segregation der Stadt langfristig zu begegnen, gilt es, ihr präventiv mit passenden Instrumenten der sozialen Wohnraumversorgung entgegenzuwirken, solange entsprechende Regulierungen noch möglich sind. Das Potential der sehr gut aufgestellten kommunalen Wohnungsunternehmen der Stadt Halle bietet die Möglichkeit, um neben der positiven baulichen Entwicklung auch eine ausgeglichene soziale Entwicklung der Quartiere anzustreben. Dabei ermöglichen die Gewinne aus Aufwertungen auf lange Sicht nicht zuletzt die Querfinanzierung sozialen Wohnraums durch Mietpreiserhöhungen in sanierten Beständen.

Typische Instrumente wie Mietobergrenzen und reine Mietpreisbindungen sichern im Fall der Innenstadt allerdings nicht ab, dass nur Haushalte mit niedrigem Einkommen diese preiswerteren Bestände anmieten. Um positive soziale Effekte der Maßnahmen abzusichern, sind zusätzlich Belegungsbindungen nötig. Beispiele wie das „Potsdamer Modell“ zeigen, dass mit dem Instrument der „flexiblen Mietpreis- und Belegungsbindungen“ passgenaue Lösungen für die Lebensumstände verschiedener Zielgruppen möglich sind, die nicht wie der klassische soziale Wohnungsbau von starren Objektbindungen und langen Laufzeiten geprägt sind. Mit einem aus Unternehmensgewinnen der HWG gespeisten Sozialfonds kann die Finanzierung der Maßnahme abgesichert und gegebenenfalls fortgeführt werden.

In langfristiger Perspektive ist das hier beauftragte Konzept für die Innenstadt in ein umfassenderes, gesamtstädtisches Konzept der sozialen Wohnraumversorgung einzubetten. Dieses muss den verschiedenen Entwicklungsständen und -potentialen der unterschiedlichen Stadtteile und ihrer Wohnungsmärkte ebenso gerecht werden, wie den fortlaufenden Bemühungen der Stadtentwicklung und der kommunalen Sozialpolitik. Hierfür ist des Weiteren die Erarbeitung anderer, quartiersbezogener Instrumente sowie die Einbindung weiterer Akteure des Wohnungsmarktes anzustreben.

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