Finanzen und Haushaltskonsolidierung

Bilanz 2009-2014

Der Stadtrat in Halle ist noch weit davon entfernt, den Haushalt politisch strategisch zu steuern. Der Haushalt ist nach unserer Auffassung auch nach Einführung der Doppik nicht ausreichend transparent, die Umsetzung gefasster Ratsbeschlüsse nur an wenigen Stellen sichtbar. Haushaltspositionen auf der Grundlage von Beschlüssen zu Spielflächenkonzeption, Radverkehrskonzeption oder des Klimaschutzkonzeptes sind z.B. nicht zu finden.
Halle ist nach wie vor in hohem Maße verschuldet. Dies schränkt die Handlungsspielräume des Stadtrates enorm ein. Um Autonomie in der Ausgabenplanung zurückzugewinnen, ist daher weiterhin die Haushaltskonsolidierung das große Thema. Allerdings behindern die immer wieder neu zu führenden Konsolidierungsdiskussionen die Gestaltung fast aller Lebensbereiche in der Stadt.

In der bisherigen Darstellung von Investitionsmaßnahmen im Haushaltsplan der Stadt wird darauf verzichtet, neu aufgenommene Projekte hinsichtlich der Dringlichkeit zu erläutern und im Verhältnis zu nicht finanzierbaren Projekten darzustellen. Die Entscheidung über die Verteilung der nicht ausreichenden Mittel auf die einzelnen Investitionsbereiche erfolgt bisher stets im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfes durch die Stadtverwaltung selbst und ist im Rahmen der eigentlichen Haushaltsdiskussionen kaum abänderbar. Vorgeschlagen haben wir daher in der aktuellen Wahlperiode die längst überfällige Erstellung einer jährlich durch den Stadtrat fortzuschreibenden Prioritätenliste im Bereich der Investitionen. Zwar wurde unserem Antrag im Stadtrat zugestimmt und für einzelne Investitionsbereiche tatsächlich prioritäre Vorhaben festgelegt (z.B. Schulbauprojekte, Städtebaufördermaßnahmen), eine echte umfassende Diskussion im Stadtrat über die Bereitstellung von Finanzmitteln zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Investitionsbereiche fand bisher jedoch nicht statt.

Thematisiert haben wir mehrfach im Stadtrat die aus unserer Sicht nicht ausreichende Finanzausstattung der Stadt durch Land und Bund. Eine Überprüfung der Finanzausstattung durch das Landesverfassungsgericht ist aus unserer Sicht notwendig. Deshalb haben wir einen entsprechenden Antrag in den Stadtrat eingebracht, doch Stadtverwaltung und Stadtratsmehrheit haben rechtliche Auseinandersetzungen bisher gescheut. Dabei wird auch Halle immer wieder aufgrund neuer gesetzlicher Regelungen mit zusätzlichen Aufgaben konfrontiert, für die keine ausreichende Finanzausstattung erfolgt. Jüngstes Beispiel dafür ist die Umsetzung des neuen Kinderförderungsgesetzes. Hinzu kommen vor allem jährliche Kostenzuwächse bei den vom Bund definierten sozialen Pflichtleistungen. Außerdem können unverzichtbare Investitionen bei den städtischen Immobilien, bei Schulen und Kitas (u.a. auch beim Brandschutz), bei der Sanierung von Straßen, Rad- und Fußwegen sowie bei Grünflächen und Spielplätzen nicht im notwendigen Umfang erfolgen.  Auch für sogenannte freiwillige Aufgaben, wie die Förderung der Aktivitäten von Vereinen und Verbänden im sozialen Bereich und im Sport, ist immer weniger Geld vorhanden. Förderprogramme mit hohen Förderquoten können aufgrund nicht vorhandener Eigenmittel ebenfalls nicht genutzt werden.

Die grüne Stadtratsfraktion hat sich seit 2009 mehrfach für gezielte Investitionen in städtische Gebäude und Einrichtungen eingesetzt, um laufende Kosten zu senken. Einerseits haben wir in diesem Zusammenhang immer wieder die Erstellung eines Raumkonzeptes für die Verwaltungsgebäude der Stadtverwaltung eingefordert, welches bisher leider immer noch nicht vorliegt. Andererseits wurde beispielsweise auf unsere Initiative hin festgelegt, dass auf Grundlage der städtischen Energieberichterstattung 2011 neun konkrete rentierliche Investitionsmaßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz (Erneuerung oder Austausch von Anlagentechnik  bzw. bauliche Maßnahmen zur Wärmedämmung) bis 2014 durchgeführt werden sollen. Eine Umsetzung scheiterte dann allerdings auch wieder an fehlenden Finanzmitteln.

Wesentliche Angelegenheiten städtischer Unternehmen sind grundsätzlich im Stadtrat zu beraten. Dies erfolgt derzeit nicht im notwendigen Umfang. Die Mehrheit im  Stadtrat ist  der Auffassung, dass relevante Vorgänge mit strategischen Aspekten lediglich in den Aufsichtsgremien zu diskutieren sind. Unsere Fraktion hat in verschiedenen Fällen versucht, öffentliche Diskussionen und Positionierungen des Stadtrates anzustoßen. Thematisiert wurde von uns z.B. die Situation der Hafen Halle GmbH, einer Tochter der Stadtwerke. Obwohl die Bilanz nicht mehr durch Abschreibungen belastet ist, fährt dieses Unternehmen seit vielen Jahren hohe Verluste in einer Größenordnung von bis zu 1 Mio. € ein, die vom Stadtwerkekonzern ausgeglichen werden müssen. Da ein Gütertransport über Schiffe auch weiterhin nicht stattfinden wird, existiert auch für die Zukunft keine Aussicht auf eine Reduzierung des Defizites. Wir sind der Auffassung, dass die Stadt sich ein solches verlustbringendes Unternehmen schlicht nicht leisten kann und haben deshalb beantragt, ein Konzept zur Schließung der Hafen Halle GmbH zu erstellen. Der Antrag wurde bisher noch nicht abschließend entschieden.

Darüber hinaus haben wir in vielen Initiativen auf finanzpolitisch kontraproduktive Aktivitäten der Stadt aufmerksam gemacht. Dies betrifft z.B. den Bau des Stadions, bei dem auf teure Details wie z.B. den luxuriösen VIP-Bereich hätte verzichtet werden können. Der Landesrechnungshof teilt unsere Bedenken und hat einen umfangreichen Bericht zum Stadion veröffentlicht. Das betrifft auch die fragwürdigen Investitionen in das Industriegebiet an der A 14 im Osten der Stadt, den sog. „Star-Park“. Hier wurden mehr als 100 Mio. € investiert, davon ca. 50 Mio. € städtische Mittel ohne entsprechende Nachfrage von Unternehmen. Nun muss die Stadt die sehr hohen laufenden Kosten finanzieren. Das gleiche gilt auch für die von der Stadt durchgeführten sog. PPP- bzw. Lebenszyklusprojekte, die laut einem Bericht des Landesrechnungshofes ebenfalls nicht wirtschaftlich sind.

 

zurück zur Bilanzübersicht