Antrag der Fraktionen Volt / MitBürger, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und FDP/FREIE WÄHLER zu einem Pilotprojekt zur Öffnung von Schulsportanlagen

Die Stadtverwaltung wird beauftragt,

  1. ein Pilotprojekt zur Öffnung von SchulsSportanlagen im schulischen Freigelände für die zeitweilige öffentliche Nutzung außerhalb der schulischen Nutzungszeiten (z.B. nachmittags, an Wochenenden) zu erarbeiten. Das Pilotprojekt soll zum Schuljahr 2025/26 starten.
      1. Zur Auswahl der teilnehmenden Schulen Dazu ist eine Bereitschaftsabfrage bei allen Schulen im Stadtgebiet durchzuführen. Entscheidend für die Bereitschaft ist das Votum der Schulleitung. Die Stadt schlägt dabei Verantwortliche für die Betreuung bzw. Überwachung der außerschulischen Nutzung der Anlage vor.
      2. Im Zuge der Erarbeitung werden konkrete Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen für die Pilotschulen im Öffnungsprozess definiert. Die Bereitschaftsabfrage ist mit einer konkreten Darstellung dieser Beratungs- und Unterstützungsleistungen zu verbinden. Die Unterstützungsmaßnahmen sollen nach Möglichkeit auch Anreize für die teilnehmenden Schulen, beispielsweise in Form einer Aufstockung des Schulbudgets beinhalten. Für die Beseitigung eventueller Schäden durch die Stadtverwaltung ist ein separates Budget bereitzustellen. Hierzu legt die Stadtverwaltung dem Stadtrat bis Mai 2025 eine Kostenschätzung jeweils für 2025 und die erste Jahreshälfte 2026 vor.
      3. Nach Möglichkeit sollen vorrangig Schulsportanlagen in Stadtteilen mit unterdurchschnittlicher Versorgung mit Spiel- und Freizeitsportflächen ausgewählt werden.
      4. Neben den jeweiligen Schulgemeinschaften sind sollen relevante Quartiersakteure, das Quartiersmanagement, die Arbeitsgruppe „Jugendliche im öffentlichen Raum“ des Präventionsrats und der Kinder- und Jugendrat zu beteiligen einbezogen werden, um die Schulleitung(en) als Partner bei der erfolgreichen Projektumsetzung zu unterstützen. Welche weiteren Akteure (z.B. Streetwork, Akteure der freien Jugendarbeit, Sportvereine) bei der erfolgreichen Projektumsetzung unterstützen können hierfür gegebenenfalls in Frage kommen, wird im Zuge der Erarbeitung ermittelt.
    1. dem Stadtrat innerhalb von vier Monaten Vorschläge für die Auswahl der Pilotschulen und die Ausgestaltung des Pilotprojektes zur Beschlussfassung vorzulegen. das Pilotprojekt zu evaluieren. Hierzu legt sie dem Bildungs- und dem Sportausschuss im Februar 2026 einen Zwischenbericht und im Juni 2026 einen Abschlussbericht vor.
    2. bei zukünftigen und laufenden Schulbauprojekten die Schaffung der Voraussetzungen für eine regelhafte Öffnung der Schulsportflächen für eine öffentliche Nutzung außerhalb der schulischen Nutzungszeiten standardmäßig einzuplanen zu prüfen. Bei bereits laufenden Maßnahmen ist zu prüfen, ob eine entsprechende Anpassung mit vertretbarem Aufwand möglich ist und bei positivem Prüfergebnis umzusetzen.
    3. Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, die Entwicklung von niedrigschwelligen Sportangeboten (bspw. städtische Bolzplätze/Bolztore, Streetballständer und Calisthenics-Anlagen) für die Freizeitnutzung in die Sportstättenentwicklungsplanung einzubeziehen.

Begründung:

 

Junge Menschen beklagen immer wieder den Mangel an niedrigschwelligen Freizeitorten in Halle[1]. In der jüngst veröffentlichen Kinder- und Jugendstudie wird vor allem ein Bedarf „an niedrigschwelligen, öffentlich zugänglichen Sportstätten und Aufenthaltsorten“[2] festgestellt. Viele junge Menschen würden nach eigenen Angaben Sportangebote stärker nutzen, wenn diese leichter zugänglich wären. Die Autoren schlagen daher vor, „mehr Sportstätten ‚um die Ecke‘“ zu schaffen, „um den eingeschränkten Mobilitätsvoraussetzungen Rechnung [zu] tragen“[3]. Bei der Vorstellung der Ergebnisse im Jugendhilfeausschuss betonten die Autoren die positive und zentrale Rolle, die Sportangebote in der Freizeitgestaltung vieler junger Menschen spielen. Zudem hat die sportliche Betätigung junger Menschen eine Reihe positiver Nebeneffekte. So kann Sport neben den allgemeinen gesundheitlichen Vorteilen das psychische Wohlbefinden verbessern, Aggressionen und „überschüssige“ Energie abbauen sowie die motorische Entwicklung fördern und damit den negativen Trends der letzten vier Jahre entgegenwirken.

 

Die Schaffung neuer Sportanlagen ist jedoch mit einem nicht unerheblichen finanziellen und administrativen Aufwand verbunden. Demgegenüber bieten Schulsportanlagen in der Regel eine Vielzahl von Bewegungsangeboten, die außerhalb der schulischen Nutzungszeiten (inkl. Hort) häufig weitgehend ungenutzt bleiben. Angesichts der Vorteile und der zunehmenden Flächenkonkurrenz in den Großstädten haben viele Kommunen die Außenanlagen ihrer Schulen schrittweise für die Freizeitnutzung geöffnet (z.B. Leipzig[4], München[5], Dresden[6]), wobei die Schulgebäude weiterhin verschlossen blieben. Der befürchtete Vandalismus blieb meist aus: So berichteten Schulleiterinnen in Leipzig ein Jahr nach der Öffnung von überraschend positiven Erfahrungen[7]. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Zwischenevaluation eines entsprechenden Modellprojekts mit explizit sportlichem Schwerpunkt in den Kölner Stadtbezirken[8].

 

Als entscheidend für eine erfolgreiche Öffnung des jeweiligen Schulgeländes erwies sich die Beteiligung der relevanten Akteure im Stadtteil sowie ein vernetzter Ansatz, der verschiedene potenziell mit der Thematik befasste Stellen in der Verwaltung und darüber hinaus einbezieht. Vor allem aber müssen die jeweiligen Schulgemeinschaften von Anfang an eng in den Öffnungsprozess eingebunden und im Prozess der Öffnung unterstützt werden. Dies schließt die Schüler*innen, die mutmaßlich den Großteil der Nutzer*innenschaft ausmachen werden, ein. Die Erfahrungsberichte zeigen, dass die Öffnung unter diesen Umständen ein Gewinn für alle Beteiligten sein kann.

 

Damit die jungen Menschen in Zukunft noch stärker von einer Doppelnutzung schulischer Frei- bzw. Sportflächen profitieren können, schlagen wir zudem vor, die Schaffung der baulichen Voraussetzungen für eine möglichst friktionsfreie öffentliche Nutzung solcher Flächen von Anfang an in die Planung mit einzubeziehen

[1] So z.B. im Rahmen des Formats „Politicians go to the Street“ des Kinder- und Jugendrats, beim jüngsten Jugendeinwohnerdialog oder im 2. Salon der sozialen Arbeit.

[2] Stadt Halle (Saale) (Hrsgb.): Was geht 2.0 Hallesche Kinder- und Jugendstudie 2024, S. 78, verfügbar unter: https://halle.de/leben-in-halle/halle-fuer/kinder-und-jugend/kinder-und-jugendstudien

[3] ebd., S. 88

[4] https://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/schulen-und-bildung/offene-schulhoefe

[5] https://stadt.muenchen.de/infos/schulhofoeffnung.html

[6] https://www.tag24.de/dresden/lokales/pilotprojekt-dresdner-schulhoefe-sollen-auch-am-wochenende-oeffnen-3312096

[7] Kowalewski (23.03.2024): Pimp my Kiez – Fünf Leipziger Schulhöfe können auch nach Schulschluss genutzt werden – von allen im Viertel, verfügbar unter: https://kreuzer-leipzig.de/2024/03/23/fuenf-leipziger-schulhoefe-die-nach-schulschluss-von-allen-im-viertel-genutzt-werden-koennen

[8] Stadt Köln (17.03.2023): Sportentwicklungsplanung – Modellhafte Öffnung Schulhöfe als Spiel-, Sport- und

Bewegungsräume für Kinder, Jugendliche und Erwachsene Hier: Zwischenevaluation 2022, verfügbar unter: https://ratsinformation.stadt-koeln.de/to0050.asp?__ktonr=371717