Segen und Fluch der Fördermittel

Landespolitik setzt regelmäßig Fehlanreize

Für falsche Prioritätensetzungen bei der Errichtung kommunaler Infrastruktur ist die Landespolitik ursächlich mitverantwortlich. Denn noch immer werden Förderprogramme mit fragwürdigen Folgen aufgelegt: Je besser die gewährte Förderquote ist, desto größer ist der Anreiz für klamme Städte ein Programm umzusetzen. Denn für ihre Eigenmittel bekommt die Kommune bei hoher Quote eine größere Summe dazu. Damit wird Geld für Maßnahmen beantragt, auch wenn diese eigentlich gar nicht so dringend wären.

Besonders unrühmlich ist dabei der Straßenbaubereich: Dort ist es möglich, mit der vagen Hoffnung auf Wirtschaftsansiedlungen 90%ige Förderungen zu erhalten, wie bspw. für Straßensanierungen im ‚Gewerbebestandsgebiet Halle-Ost‘. Den „Aufschwung Ost“ hat man in 20 Jahren so nicht herbeigebaut. Die eher langfristig angelegten, aber früchtebringenden Investitionen in Bildung sind dem Land im geplanten Schulsanierungsprogramm STARK III bestenfalls 70% Fördersumme wert.  Da stimmt etwas grundsätzlich nicht. Hinzu kommt, dass die Baufördermittel oft genug nur für Neubaumaßnahmen ausgereicht werden – während alte Infrastruktur mangels kommunaler Mittel verfällt: Für den Neubau des 4. Abschnitts der Osttangente darf Halle auf reiche Quotenbeute hoffen, während es mit der Sanierung seiner bestehenden 37 sprödbruchgefährdeten Brücken aus den 1960ern und 1970ern allein bleibt.

Die Landespolitik kann darüber hinaus auch beim „Eigenanteil“ der Kommunen stark mitbestimmen. Denn der muss erst einmal finanziert sein. Manchmal dürfen dafür Kredite aufgenommen werden (wie beim Konjunkturpaket II), manchmal führen die Haushaltsprobleme zu einem Verwendungsverbot durch die Kommunalaufsicht (so verlor Halle 2011 seine Städtebaufördermittel). Echte kommunale Selbstverwaltung sieht anders aus!

Für die bündnisgrüne Ratsfraktion gilt der Grundsatz, dass wir auf staatliche Ausgaben achten, egal auf welcher Ebene. Auch Landesgelder sind öffentliche Mittel, die verantwortungsvoll verwendet werden müssen. Unsere Forderung ist daher, den Fördermitteldschungel endlich zu lichten. Die Kommunen sollten besser über den Finanzausgleich eine angemessene Investitionssumme zum Erhalt ihrer Infrastruktur erhalten um damit selbst hauszuhalten. Dies würde nicht nur Prestigeprojekte eher verhindern, sondern BürgerInnen auch helfen, Verantwortlichkeiten klar zu erkennen.

Stellungnahme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN im Amtsblatt der Stadt Halle vom 22.02.2012 (pdf-Format, ca. 2 MB).

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