Aufhebung des Beschlusses zur Schließung des Thalia–Theaters

  1. Der Stadtrat weist die Oberbürgermeisterin als Vertreterin des Gesellschafters Stadt Halle (Saale) in der Gesellschafterversammlung der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle an, den Geschäftsführer des städtischen Unternehmens anzuweisen, die vorgesehene Auflösung des Ensemble des Thalia Theaters und die Schließung der Spielstätte nicht durchzuführen.
  2. Der Stadtrat weist die Oberbürgermeisterin als Vertreterin des Gesellschafters Stadt Halle (Saale) in der Gesellschafterversammlung der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle an, eine Einwilligung in Pläne der Geschäftsführung zur Schließung des Thalia-Theaters nicht zu erteilen bzw. eine bereits erteilte Einwilligung zu widerrufen.
  3. Der Stadtrat fordert die von ihm in den Aufsichtsrat der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle entsandten Mitglieder auf, den Beschluss des Aufsichtsrates der GmbH vom 08.10.2010 zur Schließung des Thalia-Theaters aufzuheben.

Begründung

Die Vereinigung der städtischen Kultureinrichtungen zur Theater, Oper und Orchester GmbH im Jahr 2008 erfolgte ausdrücklich mit dem Ziel, so die Vielfalt des städtischen Kulturangebots aufrecht zu erhalten. Die aktuellen Finanzierungsprobleme sind nicht zu bestreiten, aber die Lösung einer ersten konkreten Krise kann und darf nicht darin bestehen, vorschnell und ohne ausgiebige Debatte eine Sparte zur Disposition zu stellen. Eine derartig wichtige kulturpolitische Entscheidung mit weitreichenden Auswirkungen für die Entwicklung der Stadt Halle darf nicht ohne Beteiligung des Stadtrates erfolgen.

Dementsprechend ist eine alleinige Kompetenz des Aufsichtsrates der Theater, Oper und Orchester GmbH für Entscheidungen über die Schließung eines Geschäftsbereiches nicht gegeben. Diese folgt insbesondere nicht aus den relevanten §§ 8 Absatz 7 und 10 des Gesellschaftsvertrages. Selbst in der Stellungnahme der Oberbürgermeisterin zum Dringlichkeitsantrag V/2010/09273 vom 22.10.2010 wird ausgeführt, dass die Maßnahmen Schließung der Spielstätte Kardinal-Albrecht-Straße 6 und Auflösung des Ensembles des Thalia Theaters Maßnahmen der Geschäftsführung darstellen.

Allerdings bedürfen nach § 8 Absatz 6 a des Gesellschaftervertrages der GmbH Entscheidungen der Geschäftsführung über die Aufgabe von Geschäftszweigen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Nicht gefolgt werden kann insoweit der Rechtsauffassung der Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme zum Dringlichkeitsantrag V/2010/09273, wonach kein Geschäftszweig aufgegeben werde, da als „Geschäftszweig“ nicht die Sparte Thalia Theater sondern lediglich das allgemeine Tätigkeitsfeld „Kinder- und Jugendtheater“ gemeint sei. Auch der Geschäftsführer der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle hat in einer Kulturausschusssitzung am 11.08.2010 auf Nachfrage bestätigt, dass bei einer Veränderung der Anzahl der Spielstätten ein erneutes Votum des Stadtrates notwendig ist.

Darüber hinaus legt auch die Vorschrift des § 7 Absatz 1 des Gesellschaftsvertrages eine Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für alle Maßnahmen der Geschäftsführung fest, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Nach den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes kann die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführern Weisungen erteilen, die für die Geschäftsführung bindend sind. Die Stadt Halle (Saale) wird gemäß § 119 Abs. 1 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt durch die Oberbürgermeister in der Gesellschafterversammlung vertreten, wobei wiederum der Stadtrat diesbezüglich Weisungen erteilen kann.

Die Beschlüsse des Stadtrates zur Finanzierung der Theater, Oper und Orchester GmbH gehen klar von einem definierten Leistungsumfang, fünf Sparten, aus. Dieses Angebot kann nicht einfach ohne Befassung des Gesellschafters erheblich einschränkt und gleichzeitig eine unveränderte Fortsetzung der städtischen Zahlungen erwartet werden.

Die grüne Fraktion fordert eine breite, intensive und ausführliche öffentliche Debatte mit allen Betroffenen und Interessenvertretern zu der Frage, welche Kultureinrichtungen in welchem Umfang sich die Stadt Halle weiterhin leisten will und leisten kann. Eine solche Debatte muss ergebnisoffen, fair und ohne Vorfestlegungen geführt werden. Entsprechend kann am Beginn dieser Debatte nur die Rücknahme des Schließungsbeschlusses für das Thalia-Theater stehen. Und sollte am Ende einer solchen Debatte wirklich über die Notwendigkeit der Schließung einer Einrichtung innerhalb des Unternehmens abzustimmen sein, so kann allein der hallesche Stadtrat das entscheidungsfassende Gremium dafür sein.

Bis dahin kann der Stadtrat auf dem Wege der Gesellschafterweisung Einfluss auf die Theater, Oper und Orchester GmbH nehmen: Die Oberbürgermeisterin ist qua Amt die Vertreterin der Stadt Halle (Saale) in der Gesellschafterversammlung (§ 5 Absatz 4 Gesellschaftsvertrag). Sollte sich der Stadtrat entscheiden, sich dem Thema zu widmen, so ist die Oberbürgermeisterin zur Umsetzung entsprechender Beschlüsse verpflichtet. Daraus resultiert, dass der Stadtrat bis zur Klärung der Grundsatzfrage Kulturfinanzierung auf die – mindestens vorübergehende – Aufhebung von Schließungsbeschlüssen hinwirken kann.

Status

zur Beratung für den November-Stadtrat eingereicht

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