Soziales, Gleichstellung und Integration

Bilanz 2009-2014

Ein Schwerpunkt unserer Arbeit im Fachausschuss war die Gewährleistung einer möglichst zuverlässigen Unterstützung von freien Trägern und Projekten in den Bereichen Soziales, Inte­gration, Gesundheit und Gleichstellung durch die Stadt Halle. Zu den Haushaltsberatungen eines jeden Jahres, leider auch über die Wahl des neuen Oberbürgermeisters 2012 hinaus, gehörte schon zuverlässig die Abwehr gegenüber geplanten Kürzungen bei der Finanzierung der Arbeit von wichtigen Einrichtungen wie Ausländerbeirat und Seniorenrat, Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege (beispielsweise  das gemeinnützige Sozialkaufhaus, die Sozialberatungsstellen, die Begegnungsstätte  „Schöpfkelle“), Drogen- und Suchtberatung, Bahnhofsmission und Wärmestube, Seniorenbegegnungsstätten, Schuldnerberatungsstellen und vielen anderen. Wiederholt haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass im Kontext des Gesamthaushalts geringfügige Kürzungen in diesen Bereichen erhebliche Auswirkungen haben, da an der finanziellen Unterstützung vor allem die notwendigen personellen Ausstattungen hängen. Die Bedarfe an sozialen Projekten in unserer Stadt sind aber unbestreitbar. Dass die Stadtverwaltung immer wieder die Initiative ergreift, hier mittels der vordergründig freiwilligen Leistungen bzw. Pflichtleistungen mit Ermessen (das Angebot muss vorgehalten werden, aber den Umfang kann die Kommune selbst bestimmen) im Sozialbereich die Ausstattungen zu streichen oder auf ein Minimum abzusenken, halten wir für kurzsichtig. Insbesondere bedauerlich ist, dass eine Beratung über die konkrete Arbeit in Einrichtungen und Projekten dabei oft zu kurz kam bzw. gar nicht stattfinden konnte, da die Suche nach Einsparpotentialen für die Stadtverwaltung im Vordergrund stand.

Soziales

Ein Schwerpunkt der Fraktionsarbeit in der aktuellen Wahlperiode war der Einsatz für eine kostenfreie Mittagsmahlzeit an Schulen und Kindertagesstätten für alle Kinder. Unsere Nachfragen im Jahr 2010 hatten ergeben, dass ein gewisser Anteil an Kindern aus Kostengründen nicht an der gemeinschaftlichen Mittagsversorgung teilnimmt. Da Kosten kein Grund sein dürfen, dass Kinder im regulären Tagesablauf einer Einrichtung an einem so wesentlichen Punkt wie dem gemeinsamen Mittagessen außen vor bleiben, haben wir gemeinsam mit den Fraktionen von SPD und DIE LINKE. einen Antrag zur Übernahme der Kosten für die Mittagsmahlzeit von Kindern aus Familien mit geringem Einkommen an Schulen und Kitas initiiert. Zunächst war dieser Antrag auch im Stadtrat erfolgreich. Praktisch wurde das Anliegen jedoch leider nie umgesetzt, da die damalige Oberbürgermeisterin Widerspruch gegen den Beschluss einlegte. Ein kleiner Trost ist dennoch der Umstand, dass mit der Bundesregelung zum Bildungs- und Teilhabepaket ab 2011 die finanzielle Belastung für Familien auf 1 € je Mahlzeit gesunken ist und damit ein flächen­deckender sozial­verträglicher Tarif für die Essens­versorgung an Schulen und Kitas eingeführt wurde. Wir sehen es jedoch nach wie vor kritisch, dass Schulen und Kitas die Teilnahme der Kinder am gemeinsamen Mittagessen von der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der Eltern abhängig machen müssen.

Die Daten in den Kinderarmutsberichten der Stadt von 2009 und 2012 geben Aufschluss darüber, wie viele Familien in der Stadt am Existenzminimum leben und welche gravierenden Folgen dies für das Aufwachsen der Kinder hat. Erschreckend ist insbesondere die Tatsache, dass sich der Trend weiter fortsetzt: die Anzahl der Familien, die auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind, ist zwischen 2009 und 2012 erneut gestiegen. Bedenklich finden wir, dass sich Armut in bestimmten Stadtteilen konzentriert und damit Segregationsprozesse einsetzen, die die Benachteiligung weiter befördern. Wir haben uns daher – gemeinsam mit der Fraktion Die LINKE. – für die Erstellung eines Maßnahmenplans zur Bekämpfung von Kinderarmut eingesetzt. Konkret haben wir im Stadtrat erreicht, dass die Stadtverwaltung mit einem Maßnahmenplan eine Untersetzung der im Kinderarmutsbericht dargestellten Handlungsempfehlungen sowie eine regelmäßige Berichterstattung zur Umsetzung der Maßnahmen vornimmt. Ein Erfolg ist auch darin zu sehen, dass mit der Zustimmung eine stärkere Anbindung der Thematik an die kommunalpolitischen EntscheidungsträgerInnen erfolgt: Bislang hatte der Kinderarmutsbericht den Charakter einer Informationsvorlage und wurde folglich von den Ratsmitgliedern lediglich zur Kenntnis genommen. Mit der Beschlussfassung eines Maßnahmenplanes gegen Kinderarmut ist nun eine Stadtratsbeteiligung verbunden und damit auch eine echte Meinungsbildung und Auseinandersetzung mit der Problematik. Vorgesehen war, dass der Entwurf eines Maßnahmenplans Ende des Jahres 2013 vorgelegt wird.

In einer Anfrage an die Stadtverwaltung haben wir außerdem die aus unserer Sicht bedenkliche räumliche Konzentration von in prekären Verhältnissen lebendenden Familien in bestimmten Stadtteilen thematisiert, indem wir nach den Strategien zum Umgang mit dieser problematischen Entwicklung gefragt haben. Leider verlangt das Problem, das in vielen Großwohnsiedlungen in Deutschland auftritt, nach komplexen Lösungen. Die Stadt ist bestrebt mit den entsprechenden geförderten Maßnahmen das Wohnumfeld weiter aufzuwerten. Die Ursachen für die Entwicklung werden damit aber leider nicht beseitigt.

Bezüglich der zu beobachtenden Zunahme von sogenannten Trinkerstandorten in der Öffentlichkeit haben wir vorgeschlagen, mittels aufsuchender Straßensozialarbeit, auch bekannt als Streetwork, Kontakt zu den Personengruppen aufzunehmen, um sie in ihren persönlichen Problemlagen zu unterstützen und die Beeinträchtigungen durch solche Standorte für die Umgebung zu reduzieren. Existierende Streetwork-Angebote in der Stadt werden jedoch ausschließlich über die Jugendhilfe finanziert und schließen damit die Zielgruppe der über 27-Jährigen aus. Bedauerlicherweise konnte die Stadt keine Förderprogramme ausfindig machen, die die Finanzierung einer notwendigen Personalstelle ermöglicht hätten.

Gleichstellung

Geschlechtergerechtigkeit ist ein Kernziel grüner (Kommunal)Politik. Für gleiche Rechte und Chancen von Frauen und Männern haben wir uns daher in dieser Wahlperiode mit mehreren Initiativen eingesetzt. Die Beseitigung von auf dem Geschlecht basierenden Ungleichheiten, ist aus unserer Sicht eine Gerechtigkeitsfrage. Als unseren größten Erfolg werten wir den durch unseren Antrag hin erfolgten Beitritt der Stadt Halle zur „Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene“ im Jahr 2012 und der damit einhergehenden Verpflichtung zur Erstellung eines Gleichstellungsaktionsplans sowie die daraus entstandenen Beratungen und Diskussionen zum Thema. So wurde von der Stadt auf Anregung und unter Mitwirkung u.a. der grünen Stadtratsfraktion im Oktober 2011 ein öffentliches Fachforum zum Thema Gleichstellung in der Kommune durchgeführt. In vier Workshops wurden verschiedene kommunale Themenfelder unter dem Aspekt der Gleichstellung von Frauen und Männern betrachtet. Die Erstellung des Gleichstellungsplans und die anschließende Beschlussfassung im Stadtrat stehen allerdings noch aus. Da wir großen Wert auf die Umsetzung der Verpflichtungen legen, die wir mit dem Beitritt zur Europäischen Charta eingegangen sind, haben wir immer wieder nach dem aktuellen Bearbeitungsstand gefragt und werden das Projekt weiter konstruktiv begleiten.

Mit zwei Anfragen zur geschlechtsspezifischen Datenerfassung (2011 und 2013) wollten wir wissen, wie es um die Gleichstellung im Gefüge der Stadtverwaltung bestellt ist. Mittlerweile wird im jährlichen Personalbericht der Stadt Halle ein Großteil der Statistiken nach Geschlechtern getrennt dargestellt – ein Erfolg, wie wir finden.

Eine weitere Initiative stellt unser Antrag zur Kinderbetreuung während der Gremienarbeit dar. Für die ehrenamtlich tätigen Stadträtinnen und Stadträte mit Kindern stellt sich unweigerlich die Frage nach der Vereinbarkeit von Mandat und Familie, wenn ein Großteil der Sitzungen in den Nachmittags- und Abendstunden stattfinden. Wir sind der Auffassung, dass diese Bedingungen besonders Mütter mit kleinen Kindern davon abhalten, für ein kommunalpolitisches Amt zu kandidieren. Die positiven Rückmeldungen aus den anderen Fraktionen waren durchaus ermutigend und die anschließende Zustimmung im Stadtrat Grund zur Freude. Wir erhoffen uns eine Umsetzung des Beschlusses bis zum Beginn der Wahlperiode des nächsten Stadtrates.

Im Zuge der Übertragung des Technischen Halloren- und Salinemuseums in freie Trägerschaft im Jahr 2010 hat sich unsere Fraktion erfolgreich dafür eingesetzt, dass der Trägerverein des Museums Hallesches Salinemuseum e.V. auch Mitglieder, die nicht der Salzwirker-Brüderschaft angehören, aufnimmt, denn die Mitgliedschaft in der Salzwirker-Brüderschaft ist traditionell Männern vorbehalten. Unsere Stadträtin Dr. Inés Brock trat als erste Frau dem Verein bei.

Integration

Unser politisches Handeln hat auch die Bedürfnisse von ausländischen Bürgerinnen und Bürgern, bzw. Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund im Blick.

Mit dem „Leitbild der kulturellen Vielfalt“ der Stadt Halle existiert ein zunächst theoretisches Gerüst zur Verwirklichung des Integrationsgedankens in der Kommune. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass sich die von der SPD-Stadtratsfraktion geforderte „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“ thematisch auch im Integrationsleitbild der Stadt widerspiegelt. Von weitreichender Bedeutung für den Integrationsgedanken war des Weiteren unser gemeinsamer Antrag mit der SPD-Stadtratsfraktion zur Einführung eines ­Indikatorensystems im Bereich Integration und der intensiven Begleitung dieses Vorhabens durch die entsprechenden Interessengruppen. Hintergrund für die Einführung eines Indikatorensystems ist die Implementierung eines Monitorings, um Integrationsfortschritte im Zeitverlauf messen und Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüfen zu können. Die Vorstellung des Indikatorensets ist im November diesen Jahres erfolgt. Die Gremienbefassung folgt voraussichtlich im Februar 2014.

Zu einer toleranten Stadt, wie wir sie uns vorstellen, gehört auch ein starkes Engagement gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und Alltagsrassismus. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet vor Ort die HALLIANZ für Vielfalt, die mit verschiedenen Projekten gezielt Toleranz und Demokratieverständnis bei Kindern und Jugendlichen fördern will. Wir haben die Arbeit der HALLIANZ für Vielfalt durch Mitwirkung im Begleitausschuss, der die Projekte auf den Weg bringt, unterstützt.

Ein wichtiger Impuls ging auch von unserem, gemeinsam mit unseren Stadtratskolleginnen und -kollegen von SPD und DIE LINKE. gestellten Antrag für ein Kommunalwahlrecht für Migrantinnen und Migranten aus. Dieser Beschluss war als Signal in Richtung Landes- und Bundesregierung gedacht – getreu dem Motto: Gleiches Recht für alle!

 

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