Aufbruch im Charlottenviertel?

1989 fanden im Gebiet zwischen Dorotheenstraße und Wilhelm-Külz-Straße die letztenFlächenabbrüche in der Innenstadt Halle statt. Die politischeWende und die Forderungen der Bürgerschaft brachten die Bagger zum Stehen – leider zu spät für die meiste gründerzeitliche Bebauung. Ende der 90er Jahre wurde einGroßteil des Gebietes mit dem Charlottencenter, dem Dorint-Hotel und denWohnhäusern in der Augustastraße gefüllt. Seither herrscht Stillstand. Mit dem Verkauf zahlreicher Grundstücke zwischen Charlottenstraße und Stadtgottesackerstraße an die Leipziger Stadtbau AG kommt nun wieder Bewegung in die Sache. Der Investor hat gemeinsam mit der Stadt einen städtebaulichen Wettbewerb durchgeführt. Ein neues Quartier für Wohnen und Arbeiten soll entstehen. Durchgrünte Höfe, neue Wegebeziehungen zur Altstadt, moderne Energiekonzepte, die Ansiedlung eines Kindergartens in einem ehemaligen Industriebau – die Pläne klingen ambitioniert.

Was bleibt davon im Bebauungsplan? Aus der Mischung zwischen Wohnen und Arbeiten werden vor allem Wohnungen und einige wenige Büros und kleinere Geschäftseinheiten. Gleichzeitig sollen für gewerbliche Nutzungen geeignete Gebäude abgerissen werden – zum Beispiel die ehemalige Druckerei Töpferplan 3, vielen als Kulturzentrum LaBim bekannt. Dies geschieht, obwohl im Kaufvertrag zwischen der Eigentümerin und der Stadtbau AG ein Erhalt vereinbart war. Hier wäre Raum für Kleingewerbe oder für die Kreativwirtschaft vorhanden. Auch die „Verdrängung“ des letzten Gewerbetreibenden, der Glaserei Germo, zugunsten eines Kindergartens scheint zumindest unglücklich.

Die vorhandene, teils historisch gewachsene, teils in den letzten Jahren entstandene Begrünung wird bei der Planung ebenfalls nicht berücksichtigt. Dies betrifft eine große Kastanie inmitten des Quartiers und eine Reihe von großen Ahornbäumen, die Bestandteil einer „Parkgestaltung“ im Rahmen eines Förderprogramms waren. Kann man in dieser Zeit wirklich auf diese für unser Stadtklima so wichtigen Großbäume verzichten? Wir sehen hier dringenden Nachbesserungsbedarf und dieser sollte früh ins Bebauungsplanverfahren Eingang finden. Deshalb setzen wir uns für eine Festschreibung des Erhalts des Gebäudes Töpferplan 3 und der Großbäume als Planungsziele ein.

Artikel erschienen am 29. Mai 2020 im Amtsblatt der Stadt Halle (Saale)


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