Kühler Kopf statt grüner Welle

Der dem Stadtrat aktuell vorliegende Antrag zur Bevorzugung des Autoverkehrs bei Ampelschaltungen (durch die sogenannte „grüne Welle“), sorgte zwar für einiges  Presseecho, fiel aber in den Fachausschüssen durch. Warum?

In Halle müssen sich Kfz und Straßenbahnen oft den Straßenraum teilen. Eine Bevorzugung der einen Verkehrsart führt damit zwangsweise zu einer Benachteiligung der anderen. Im Falle des von der FDP-Fraktion geforderten absoluten Vorrangs des Autoverkehrs im Stadtverkehr würden Straßenbahnen und Busse erheblich entschleunigt, so dass für deren gleiche Beförderungsleistung mehr Fahrten und damit auch mehr Fahrzeuge benötigt würden.

In den letzten Jahren war die Verkehrspolitik in Halle jedoch bereits durch erhebliche Einsparungen bei der HAVAG gekennzeichnet. Allein seit dem Jahr 2002 ist der Betriebskostenzuschuss der Stadt um mehr als 10 Mio. Euro gesunken. Maßgebend hierfür war unter anderem ein Beschleunigungsprogramm, das den Vorrang der Straßenbahnen im Stadtverkehr intelligent umsetzt, indem mit dem Einsatz bedarfsgeschalteter Ampeln der Autoverkehr nur dann Rot erhält, wenn tatsächlich eine Straßenbahn kommt. Durch die „eingebaute Vorfahrt“ für die Straßenbahn konnte auf vielen Strecken die Fahrzeit spürbar verringert werden. Allein zwischen 2002 und 2007 wurden durch solche Einzelmaßnahmen Kosten in Höhe von ca. 1,3 Mio. Euro eingespart.

Zusätzlich wurde das Personal bei der HAVAG drastisch abgebaut (um 700 Beschäftigte auf heute ca. 800) und auch die Taktzeiten wurden verlängert. Seit der Angliederung an die Stadtwerke besteht die Vorgabe, dass die HAVAG vollkommen ohne Zuschüsse aus dem städtischen Haushalt auskommen soll. Der Kostendeckungsgrad stieg bis heute auf ca. 70%. Dies alles zeigt, dass die HAVAG bereits einen schmerzhaften Anpassungsprozess hinter sich hat. Doch immer noch ist der Druck zu weiteren Kürzungen ungebrochen. Weitere Reduzierungen der Verkehrsleistungen und Zuschusssenkungen für den öffentlichen Personennahverkehr gefährden jedoch die öffentliche Grundversorgung.

Unser Fazit: Die Bedürfnisse der einzelnen VerkehrsteilnehmerInnen können nur durch Einzelfalllösungen und intelligente Verkehrssysteme optimal in Ausgleich gebracht werden. Eine einseitige Bevorzugung des Autoverkehrs wäre falsch. Denn tatsächlich trägt der ÖPNV schon allein durch höhere Kapazitäten und den viel geringeren Platzbedarf zur Stauvermeidung bei. Hinzu kommen der geringere Energiebedarf, geringere Umweltbelastungen und ein viel niedrigeres Unfallrisiko als beim Autoverkehr.

Stel­lung­nahme im Amts­blatt der Stadt Halle vom 09.02.2011 (pdf-​​​​Format, ca. 2 MB)


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